Die Schweiz wächst! Zumindest bis 2016. Dann sollte das Wachstum beendet sein.
Was im ersten Moment unglaublich klingt hat einen einfachen Grund: Eine präzisere Vermessungsgrundlage führt zu Ungenauigkeiten, was den Eindruck erweckt, die Schweiz wachse.
Das Bundesgesetz über die Geoinformation verlangt den Wechsel des alten Koordinatensystems der Landesvermessung von 1903 (LV03) in das neue System von 1995 (LV95) für die Daten der amtlichen Vermessung. Als Ausgangslage wurde im Vorfeld durch die eidgenössische Landestopographie ein neues präzises Grundlagennetz mit Fixpunkten bestimmt, welches anschliessend durch die Kantone verdichtet wurde. Das alte Triangulationsnetz von 1903 wurde durch das Neue mit Stichdatum 1995 ersetzt.
Die Koordinatenwerte des alten Koordinatensystems 1903 (LV03) basieren auf dem Nullpunkt bei der Sternwarte Bern. Er entspricht den Werten y = 600 000.00 m und x = 200 000.00 m und ist die Grundlage für das Landeskoordinatensystem. Die Bezeichnung der Koordinaten, ausgehend von diesen beiden unterschiedlich grossen Zahlen, hat den Vorteil, dass innerhalb der Schweiz keine negativen Koordinatenwerte vorkommen und Verwechslungen zwischen der x- und y-Komponente ausgeschlossen werden können.
Die Fixpunkte des neuen Bezugsrahmens gewährleisten ein satellitengestütztes, hochgenaues und widerspruchsfreies Grundlagennetz. Damit sich die Koordinaten des heutigen und des neuen Bezugsrahmens eindeutig unterscheiden, tragen die Koordinatenachsen neu die Bezeichnungen E (East statt y) und N (North statt x). Der Nullpunkt des neuen Landeskoordinatensystems entspricht den Werten E0 = 2 600 000.000 m und N0 = 1 200 000.000 m, d.h. der Nullpunkt wird unter Beibehaltung der Vorteile des bisherigen Bezugsrahmens gegenüber den bisherigen Werten um 2 resp. 1 Million Meter verschoben.
Die Anpassungen in der amtlichen Vermessung tangieren sämtliche Planungsgrundlagen. Dies betrifft sowohl die Zonenpläne der Gemeinden als auch Daten jedes einzelnen Grundstückes. Für manche Grundstücksbesitzer bedeutet dies: Herzliche Gratulation! Ihr Grundstück ist gewachsen! Aber auch das Gegenteil ist möglich. Allfällige Flächenverluste müssen aber akzeptiert werden. Gerichtlich sind sie nicht anfechtbar. Denn faktisch ändert sich ja doch nichts. Die effektiven Grenzverläufe verlaufen nach wie vor dort, wo sie auch bisher verlaufen sind.